Burgen und Burgruinen sollten es eigentlich schon verraten – Thüringen war und ist ein Land der Ritter. Und da Drachen und Burgfräulein inzwischen doch Mangelware sind, kämpfen sie nun für die (Vor-)Liebe des Volkes – im Eichsfeld dreht sich schließlich irgendwie alles um die Wurst 😉
Ritter Klaus vom Klausenhof
Klaus Röhrig ist Hüter und Wächter der Burgruine Hanstein, die hoch über der Werra thront und nicht nur einen tollen Blick auf Burg Ludwigstein in Hessen bietet, sondern (wie es sich für eine gute Burg gehört) einen echten Rundumblick. Schließlich wollte man ja sehen, wo sich was tat und wer auf dem Weg hierher war.
Unterhalb der Burg liegen seine Heimstadt und der kulinarischer Treffpunkt für allerlei reisendes Volk – der Klausenhof* – und direkt vis a vis das Wurst- und Hausschlachtemuseum.
Hausschlachtungen sind inzwischen auch in Thüringen selten geworden. Dabei ist die Qualität meist besser, als bei industriell gefertigter Wurst und es ist auch nicht dumm zu sehen, was der Ausgangspunkt einer Wurst, eines Schinkens oder eines Stück Bratens ist: der Tod eines Tieres.
Ich habe großen Respekt vor Menschen, die sich damit auseinandersetzen und bewundere das über Jahrhunderte, Jahrtausende weiter gegebene Wissen um Methode, Verarbeitung und Konservierung.
Ritterin der Bratwurst
Oh Gott, da jault mein Duden-Korrektor. Aber er muss sich wieder beruhigen, denn „Ritterin“ ist die korrekte Bezeichnung für Sandra Schmidt. Den französischen Ritterschlag hat sie sich 2007 als einzige (siegreiche) Frau im redlichen Kampf mit 900 Metzgern und Metzgerinnen aus ganz Europa erstritten. Im Turnier „Wurst gegen Wurst“ schlug ihre gebrühte Grillbratwurst die Konkurrenz.
Das Eichsfeld
Hier ist die Mitte Deutschlands, hier verlief die Grenze zwischen Ost und West. Es ist historisch gesehen ein armer Landstrich und die Männer des Eichsfelds zogen aus, um ihre Familien ernähren zu können. „Die Eichsfelder mit Kisten und Kasten“ steht für ihr Bestreben, alles was man brauchte hierher zu bringen. Wurst haben sie aber lieber selbst gemacht.
Die Wurst
Sie hat so ihre Besonderheit (und damit meine ich nicht ihr massenhaftes Vorkommen). Die Wurst wird im Eichsfeld nämlich warm verarbeitet – das Fleisch nach dem Schlachten nicht erst runter gekühlt.
Kümmel kommt hier traditionell nicht in die Wurst sondern in den Schnaps! Gewürzt wird mit Knoblauch und Koriander – und den Kümmel-Schnaps braucht´s dann beim Wursten 😉
Eichsfelder Feldgieker oder Feldgiecker und Stracke
Der Ursprung des Namens ist etwas strittig (genau wie die Schreibweise): die einen meinen, er stammt von der mehrmonatigen Lagerung in der Kammer, bei der die Wurst den Blick in die Ferne schweifen lässt also raus „kiekt“. Andere haben die Bauern in Verdacht, die die Wurst mit aufs Feld nahmen und zur Kühlung in den Boden steckten „gikten“ oder auch hinten aus dem Rucksack „kieken“ liessen.
Auf jeden Fall ist es eine grobe, schnittfeste Rohwurst. Mindestens 6 Monate Luftgetrocknet und lange haltbar. Traditionell wurde im Herbst geschlachtet und „wenn im Frühjahr der Kuckuck ruft“ war die Wurst reif.
Übrigens wurde immer ein Feldgiecker vom letzten Schlachten extra fürs das Schlachtfrühstück aufgehoben. Denn man wollte dem Motto „Gut geschlachtet hält fürs ganze Jahr“ ja gerecht werden.
In der Stracke ist mehr Knoblauch und Pfeffer und sie verzichten auf die Kiekereigene Birnenform zugunsten einer herkömmlichen vollschlanken Wurstfigur 😉
Weitere Geschichten aus dem Eichsfeld:
- Eichsfelder Schmand – ein kulinarische Besonderheit
- Frankreich in Thüringen – eine Romanze mit St. Georges
- Wo die Kirschen zuhause sind
- Ein kleines Tortenmärchen
Mit freundlicher Unterstützung von Thüringen Tourismus GmbH*, Erfurt, die mich zu einer Pressereise ins Eichsfeld eingeladen haben.
Mein besondere Dank geht an Mandy Neumann von Thüringer Tourismus GmbH und Ute Morgenthal von HVE Eichsfeld Touristik*.
Eichsfelder Wurstspezialitäten durfte ich bei der Agrargenossenschaft „Am Ohmberg“ eG*, im Klausenhof* und bei Ritterin Sandra Schmidt, Feinkostfleischerei Klöppner probieren und bedanke mich herzlich für die Gastfreundschaft.
*Werbung
Dieser Artikel enthält Links zu Produzenten und persönliche Empfehlungen von mir. Ich bin dafür zwar weder bezahlt noch beauftragt worden, doch da ich Produkte/Produzenten nenne, muss ich dies als Werbung kennzeichnen.
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4 Antworten auf „Die Ritter der Wurst“