Frankreich in Thüringen – eine Romanze mit St. Georges

Es ist dieses kleine Tüpfelchen „zu viel“, dass hier das Maß aller Dinge ist und Frankreich so unglaublich lebendig werden lässt. Wohin das Auge schaut blinken Silber, Kristall und Kupfer zurück. Vergoldet durch die Sonne und angespornt durch kräftige, mediterrane Farben im Raum. Ein wenig Wildheit und Nonchalantes, gepaart mit der perfekten Harmonie von Wein und Speise, begleitete von gelebter Gastfreundschaft – dies ist das Restaurant St. Georges.

Ein kleines Stückchen Savoir-Vivre im Herzen des geputzten thüringischen Eichsfelds.

Das Eichsfeld

Man nehme den nordwestlichen Teil Thüringens, ein kleines Stücken aus dem Südosten Niedersachsens und vom nordöstlichen Hessen ein weiteres Ministückchen – fertig ist das Eichsfeld.

Es gibt viel Fachwerk, viel Natur und noch viel mehr Kapellen, Kreuze und Klusen – das sind kleine Kirchen. Auf ihren festen Glauben, den Fleiß und die Sparsamkeit sind die Eichsfelder stolz.

Auch in Zeiten der DDR haben sie sich hier nicht den Schmand 😉 vom Brot nehmen lassen. Ein kirchlicher Feiertag (das Eichsfeld ist eine katholische Enklave im protestantischen Thüringen) wurde selbstverständlich begangen. Zum Beispiel der Klüsschentag an Himmelfahrt… Ganz gleich, was Ministerrat, SED und Stasi davon hielten – die liessen sich dann mal lieber nicht hier vor Ort blicken sondern blieben in Erfurt oder Berlin.

Sie haben nämlich ihren eigenen Kopf, die Eichsfelder. So auch Dr. Werner Freund, der aus dem kleinen Örtchen Dieterrode stammt und dort ein Stückchen Frankreich erschaffen hat. Eigentlich für sich und seine Familie, inzwischen (zum Glück) auch für seine Gäste.

Das Ambiente des St. Georges

Wer hier ankommt muss sich blitzschnell entscheiden: Liebe oder Unverständnis. Ein Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert in einem Dörfchen mit gerade mal 70 Bewohnern. Gegenüber eine kleine Auberge in ähnlichem Stil. Von außen bei weitem nicht perfekt restauriert – da haben wir hier im Eichsfeld schon deutlich prächtigere (und natürlich ordentlichere) Varianten gesehen.

Doch dies Haus hat einen anderen Ansatz: ist eine gelungene Gratwanderung zwischen Prunk und Verfall. Genau der französische Vintage-Look, der uns im Urlaub immer begeistert und an den sich so wenige beim eigenen Daheim trauen.

Die Galerie

Sie passt so perfekt zu und um dieses Haus, das zunächst keinerlei Frage aufkommt. Doch sie hat – genau wie der Hausherr – ein früheres Leben. In Frankreich sind sich beide begegnete. Er als Bauhistoriker mit einer Leidenschaft zu historischen Häusern, sie als Teil eines solchen und vom Abriß bedroht. Nun sind beide glücklich in Thüringen gelandet…

Der Garten

Nein – ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser Garten den Eichsfeldern wirklich gefällt. Aber ihr ahnt es schon – ich finde ihn toll. Denn er zeigt ganz unverblümt den Zauber der Natur – ohne Rasenfläche, gestutzte Rabatten und den praktischen Gartenmöbeln aus dem Baumarkt.

Die Küche

Der erste Blick beim Eintritt fällt durch die offene Tür in die Küche. Ein Blick in Kupfer, an Kupfer mit Kupfer – ach ja – und natürlich Edelstahl. Aber mal ehrlich – hier steht die Ästhetik eindeutig im Vordergrund 😉

Die Gasträume

Tja – da steh ich nun wie Paris mit dem Apfel und weiß nicht, wem ich diesen zukommen lassen will… welcher ist der Schönste?

Der großen Gastraum vor der Galerie, der kleinen Raum davor oder doch das hintere Zimmer (das an diesem Abend für sich blieb)?

Da Paris mit seiner Entscheidung nicht viel Gutes erreichte, lass ich die Frage einfach offen und freue mich über eure Kommentare, welcher es denn nun sein soll.

Großer Gastraum
Kleiner Raum
Hinterer Raum

Oder lieber doch die Galerie selbst?

Das Essen

Ihr ahnt es sicher schon – es war hervorragend…

Entenleberpate mit Blätterteig und Brioche
Tarte mit Stilton und Birne
Fischsuppe mit Piment d’Espelette, Safran und Pernod
Gebeizter Wildlachs mit roter Bete
Perlhuhnbrust mit Morchelrahm und Spargel
Erdbeeren mit Baiser, Erdbeereis und Creme Fraiche

Ach ja: das St. Georges trägt seit 2005 eine Haube des Gault-Millau. Der Patron bleibt aber lieber beim stilvollen Strohhut 😉

Der Wein

Eigentlich hätte ich hiermit anfangen sollen – denn so hält es Dr. Freund nach eigener Aussage auch: als erstes ist der Wein.

 

Mein Favorit an diesem Abend – und natürlich zu diesem Essen bzw. der Tarte und dem Lachs: ein leichter Weißwein aus dem Savoie. Die Rebsorte Jacquere wird fast ausschließlich im Osten Frankreichs (zwischen dem Genfer See im Norden und der Rhône im Westen) angebaut. Für mich war dieser Wein eine echte Entdeckung und ich habe mir nun zwei weitere Weißweine von Chevallier-Bernard geholt und werde euch berichten…

Chevallier-Bernard Jongieux 2017

Dr. Werner Freund

Die Leidenschaft für gutes Essen hat wohl in seiner Wiege gelegen, die Demut vor dem Kochen hat er später in Frankreich gelernt „Ich dachte, ich könnte Kochen. Aber die französischen Spitzenköche bei denen ich hospitiert habe, haben mir gezeigt, dass es mehr gibt.“ Nach diesem „mehr“ strebt er seither.

Das Haus in seinem Heimatdorf hat er bereits als Student zu DDR Zeiten gekauft und mit seinem Fachwissen als Bauhistoriker über die Jahre zu neuem Leben erweckt. Eigentlich für die Familie, dann kamen immer mehr Freunde und das Kochen wurde zum Lebensmittelpunkt. „Es gab einen Moment, an dem ich mich entscheiden musste – ganz oder gar nicht.“ So entstand das Restaurant St. Georges. Und weil ein französischer Abend natürlich die richtige Weinbegleitung braucht, verwandelte Dr. Freund das gegenüberliegende Fachwerkhaus zu einer kleinen Auberge 😉

Die Tarte Flambee kommt selbstverständlich aus einem alten Holzofen

Und wer schon mal die Erfurter Krämerbrücke besucht hat und sich in der dortigen Schokoladenmanufaktur Goldhelm an das St. Georges erinnert fühlt – Treffer: hier lässt Alex Kühn, Freunds Schwiegersohn, Chocolatier und ebenfalls Gastgeber aus Leidenschaft seine Kupfertöpfe blitzen.

Das St. Georges

Restaurant St. Georges*
Dorfstraße 16a
37318 Dieterode

Telefon 036082 – 42128

Sie sollten unbedingt reservieren

Geöffnet von April bis Dezember am Freitag und Samstag von 17.00 bis 23.00 Uhr
Sonntag von 12.00 bis 14.00 und von 17.00 bis 23.00 Uhr

Das starke Band zwischen Thüringen und Frankreich ist mir ja schon im Zusammenhang mit den Rhönschafen und dem „Pariser Geschäft“ aufgefallen – nun durfte ich erleben, dass nicht nur Thüringen in Frankreich, sondern auch Frankreich in Thüringen lebt.

Weitere Geschichten aus dem Eichsfeld:

Mit freundlicher Unterstützung von Thüringen Tourismus GmbH*, Erfurt, die mich zu einer Pressereise ins Eichsfeld eingeladen haben.

Mein besondere Dank geht an Mandy Neumann von Thüringer Tourismus GmbH und Ute Morgenthal von HVE Eichsfeld Touristik*.

So wie an Dr. Werner Freund und Silke Urbach, die diesen Abend so perfekt gemacht haben.

*Werbung

Dieser Artikel enthält Links zu Produzenten und persönliche Empfehlungen von mir. Ich bin dafür zwar weder bezahlt noch beauftragt worden, doch da ich Produkte/Produzenten nenne, muss ich dies als Werbung kennzeichnen. Und wisst ihr was – diesmal ist es wirklich welche 😉

Anne

7 Antworten auf „Frankreich in Thüringen – eine Romanze mit St. Georges“

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