Sattvig oder Sattvige Nahrung – ein Begriff, der mich wirklich neugierig gemacht hat. Und da ich zur Kategorie der Glückspilzinnen gehöre, habe ich beim diesjährigen Blogwichteln des Texttreff doch glatt einen Beitrag von Ute Freundl dazu gewonnen. Sie ist nicht nur Texterin, sondern auch Yogalehrerin und liebt Essen. Eine perfekte Mischung – vielen Lieben Dank für den tollen Text!
Sattvig macht satt und glücklich
In unserem Teil der Erde ist es für die meisten von uns leicht, satt und glücklich zu sein. Müsste man meinen. Trotzdem ist das nicht immer der Fall. Oft genug tappen wir in die Chips- und Fettiges-Essen-Falle oder landen bei Schokolade zum Frühstück. Und fühlen uns hinterher nicht glücklich, sondern zu voll und geplagt vom schlechten Gewissen. Dabei sind Chips und Schoki per se nicht so schlecht, es gilt halt die Regel „alles in Maßen“.
Ich bin weder Ernährungswissenschaftlerin noch Köchin, dafür Yogalehrerin und Texterin – oder anders: Ich jongliere mit Körper und Geist und bringe sprachlich auf den Punkt, was mir im Kopf umgeht. Heute darf ich einen Gastbeitrag für Annes Topfgeflüster schreiben, und ich freue mich darüber: Denn das Thema Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil in meinem Leben als Yogini und Mutter dreier Kinder.
Außerdem liebe ich Essen – insbesondere vegetarische, immer öfter auch vegane, vollwertige Kost. Dies ist meine persönliche Entscheidung, weil ich in meinem Leben möglichst wenig Leid verursachen möchte. Darüber hinaus entspricht sie der Yogaphilosophie, die sattvige Nahrung empfiehlt – denn: Sattvig macht satt und glücklich. Und wenn man auf eine überwiegend sattvige Ernährung achtet, sind Ausreißer erlaubt – ohne schlechtes Gewissen.
Was ist das überhaupt – sattvige Nahrung?
Der Begriff „sattvig“ kommt ursprünglich aus dem Ayurveda, findet sich aber auch als Ernährungsprinzip im Yoga: Sattva wird hier als Energiequalität beschrieben, die zusammen mit Rajas und Tamas in allen Aspekten der Natur vorkommt – und eben auch in der Nahrung. Dabei steht Sattva für Reinheit, Ausgeglichenheit und Licht. Im Gegensatz dazu bedeutet Tamas Dunkelheit, Trägheit, Verfall und Tod. Dazwischen gibt es außerdem die Qualität von Rajas, die mit Aktivität assoziiert wird, mit Leidenschaft, Bewegung und Veränderung.
Drei Energiequalitäten – die Gunas Sattva, Rajas und Tamas
Diese drei Energiequalitäten – auch Gunas genannt – bedingen einander und kommen überall vor. Je nach dem überwiegt aber eine bestimmte Qualität in einem Nahrungsmittel. Und wenn wir dann dieses Nahrungsmittel essen, führen wir auch die entsprechende Energie zu uns.
In der Yogaphilosophie wird empfohlen, sich überwiegend sattvig zu ernähren, also v.a. frische und vollwertige Kost zu sich zu nehmen – wie z.B. Getreide, Hülsenfrüchte, Früchte, Gemüse, Nüsse, Ingwer, Honig, aber auch Milch, Butter und Joghurt. Dabei sollen Milchprodukte in Maßen und Kaffee, schwarzer Tee und Alkohol weitgehend reduziert werden. Wasser als Lebenselixier verjüngt und entgiftet den Körper zusätzlich.
Alles sattvig, oder was?
Eine sattivge Ernährung nährt den Körper, schenkt Energie ohne zu belasten und bildet die Grundlage für einen friedvollen, ruhigen Geist, den die Yogis anstreben. Fleisch ist dabei nicht vorgesehen und entspricht nicht der yogischen Lebensweise, die Gewaltlosigkeit befürwortet. Kurzum: Sattvige Ernährung setzt auf eine gesunde, natürliche und lebendige Kost, die zu einem ausgeglichenen Energiefluss führt.
Im Unterschied dazu wirkt eine rajasige Nahrung anregend, überstimulierend, kann wütend und aggressiv machen. Zu den typischen rajasigen Nahrungsmitteln gehören Fleisch, Fisch, Eier, Kaffee, Kakao, Senf, Speisen, die sehr heiß, bitter, salzig oder scharf sind, weißer Zucker, Weißmehlprodukte. Eine Ernährung, die überwiegend auf diesen Produkten basiert, überreizt den Körper und führt zu Aufregung und Unruhe im menschlichen System.
Zuletzt noch die tamasige Ernährung – verdorbene Nahrung – sie ist weitgehend zu meiden: Sie macht den Körper und den Geist träge, entzieht Energie, und lässt Schwere entstehen. Dazu gehören alle trockenen, alten, faulen, toten und überreifen Lebensmittel, außerdem Konserven, Eingemachtes und Tiefgefrorenes. Alkohol, Tabak, Zwiebeln, Knoblauch, Wurst und Schinken und auch übermäßiges Essen sind tamasig.
Diese kurze Zusammenfassung zeigt allerdings auch, dass es ziemlich schwierig sein dürfte, für alle Zeit ausschließlich sattvige Lebensmittel zu sich zu nehmen. Und so ist das auch gar nicht gemeint. Das Prinzip der sattvigen Ernährung gilt als allgemeine Richtlinie. Darüber hinaus muss jeder für sich entscheiden, wie er in Balance kommt. So kann es z.B. durchaus hilfreich sein, rajasig zu essen, wenn man sich im Frühjahr träge und schlapp fühlt. Aber die Beschäftigung mit den Grundqualitäten unserer Nahrung – Sattva, Rajas und Tamas – hilft, ein besseres Gefühl für den eigenen Körper zu bekommen – und für das, was er wirklich braucht – und zwar jenseits von allen Werbeversprechen.
Eine Frage der Balance
Wichtig ist stets, sich ausgewogen und überwiegend frisch zu ernähren, auf Fertiggerichte zu verzichten und selbst zu würzen – mit frischen Kräutern z.B. Es kommt dabei – wie bei so vielem – auf die Ausgewogenheit an und darauf, die richtige Balance für sich selbst zu finden. Dabei gilt es, zu unterscheiden: Die eigene Balance ist nicht zwingend die der anderen. Wer Kinder im Teenager-Alter hat, weiß bestimmt, was ich meine.
Mein 16-jähriger Sohn ernährt sich für meine Begriffe viel zu tamasig und rajasig, aber er scheint das momentan auch zu brauchen: Eine Mahlzeit ohne Zwiebeln und Knoblauch und sehr oft Fleisch ist für ihn keine richtige Mahlzeit. Ich biete ihm dann viel frischen Salat und lecker angebratenes Gemüse zu seinem Biofleisch. Und mit Vollkornnudeln brauche ich ihm auch nicht zu kommen, Vollkornreis geht gerade noch. Am liebsten sind ihm aber ganz normale Weißmehlnudeln, dafür mache ich halt dann eine Sauce, die aus frischen Zutaten besteht und füge für ihn extra viel Käse dazu.
Kompromisse müssen sein, in jeder Beziehung. Glaubenssätze sollten auch mal angepasst werden. Ich experimentiere gern, das ist manchmal etwas aufwendiger, aber es lohnt sich. Denn meine Kinder schätzen gutes Essen und haben Freude daran. Und das ist ein wichtiges Kulturgut, das wir erhalten sollten, finde ich. Für sie heißt es dann „Sattvig macht satt und glücklich – wenn es genug Ausnahmezutaten gibt“.
Gastautorin Ute Freundl ist Texterin und Yogini, oder auch der Textyogi. Sie schreibt und redigiert Texte aller Art für Print- und Online-Medien. In ihrem Blog DAS IST TEXT schreibt sie über Themen, die sie als Texterin und Yogalehrerin bewegen – ihre Herzensthemen.
Beim Blogwichteln schreibt frau für den Blog einer anderen:
- Gepfeffertes Norwegen – von Maike Frie (da geht es auch um Pfefferkuchen!)
- Über die Kochkunst und die Liebe – von Natalie Bromberger
- Pfefferkuchen- Geschichten – von Heike Baller
- Argumente pro Rosenkohl – für bekennende Fans und solche, die es werden wollen – von Gabriela Freitag-Ziegler
Meine Gastbeiträge:
- Kreativität – die geheime Zutat des Kochens
- Hühner, Reis und die Chaostheorie
- Zimt – ohne geht in Norwegen nix
- Nils Heinrich
Und weil ich langsam die Übersicht verliere, habe ich alle Beiträge mal zusammengefasst 😉
- Butterkuchen – Blitz oder Slow… gut sind beide - 7. Oktober 2024
- Meeresfrüchte vs. Meeresgemüse – Küstengrün kann was - 23. September 2024
- Pflaumenmus – passt zu allem - 25. August 2024
2 Antworten auf „Sattvig macht satt und glücklich – von Ute Freundl“