„Nach dem Wald“, „im Eichenlaub“, „am Lössstollen“, „am Panoramablick“, „am Vulkan“ und „am Weingut“ – für mich klingt die Planung für einen Nachmittag am Kaiserstuhl zunächst ein wenig wie die Titel von Walter Moers. Ihr wisst schon – der mit den 13 1/2 Leben des Blaubären ;-), der seine Figuren durch Zamonien schickt und allerlei erleben lässt.
Das der Tag dann wirklich so entspannt und fein wird wie ein gutes Moersbuch, ahnt ja keiner…
Schuld daran sind Arndt Köbelin und Thomas Merkle. Der eine versorgt uns mit Wein und Wissen, der andere mit Ruhepunkten und Speisen. Denn immer wenn wir auf dem Hänger des Winzers eine der anvisierten Haltestellen erreichen, steht der Koch schon da. Irgendwo in den Weinbergen.
Der Kaiserstuhl
Im Süden Baden-Württembergs liegt westlich von Freiburg eine der heißesten Gegenden Deutschlands, der Kaiserstuhl. Auf über 4.000 Hektar wird hier Wein angebaut und ihr ahnt es schon – die Römer haben damit begonnen. Denn der Lössboden ist die perfekte Ergänzung zum mediterranen Wetter. Er ist fruchtbar und hält das Wasser gut.
Löss besteht zur Hälfte aus feinem Quarz, die andere Hälfte setzt sich aus Kalk- und Dolomitstaub, Feldspat, Glimmer und Ton zusammen. Es ist somit ein Abbild des geologischen Aufbaus der nördlichen Alpenkette, von der die Grundlage stammt. Gletscher, Sonne, Regen und Wind haben sie dort ab und hier aufgebaut.
Nach dem Wald
Es öffnen sich der Blick nach Kenzingen im Breisgau, eine Flasche Muskateller Kabinett trocken von 2017, so wie die Luke der Kochscheese, aus der unsere Vorspeise kommt: gebeizter Saibling aus dem Schutterwald mit zweierlei Spargel, Holunderblüte, Senf und Chili.
Im Eichenlaub
Nein – es geht nicht zurück in den Wald. Aber das Laub der Eichen, die oberhalb dieser Weinreben am Hang stehen, wird vom Herbstwind hierher geweht und düngt den Boden. So kommt der Wald über den Boden in den Wein.
Überhaupt: der Boden – wer mit Arndt Köbelin die Weinberge kennen lernt, kann sich seiner Leidenschaft nicht entziehen. Boden ist für ihn alles – Boden ist mehr als eine Scholle, Boden ist Leben! Sein Ziel ist es „die Gegend schmeckbar ins Glas zu bringen“. Und ehrlich – es gelingt ihm 🙂 In diesem Fall mit einem Weissen Burgunder Kabinett trocken von 2017.
18 Hektar hat der Winzer am östlichsten Teil des Kaiserstuhls, im Eichstetter Herrenbuck. Während die Rebbergböden hier am Waldrand vulkanischen Ursprungs sind, wachsen andere Reben bei Arndt Köblin auf bis zu 50 m hohen Lössschichten in den Eichstetter Burgunderterrassen. Seine Lagen heißen Eichenlaub, Niemandstal, Steinenweg, Kaltenbrunnen – und wieder hätte Walter Moers wohl seine Freude an den Namen 🙂
Am Lössstollen
Der Untergrund ist das Besondere am Kaiserstuhl. Vor Millionen Jahren haben sich hier durch den Wind Sedimentschichten aus den Alpen an den Überresten des Vulkans gesammelt und zu mehreren Meter hohen Lössschichten verdichtet.
Der Löss ist so stabil, dass Tunnel und Stollen ohne viel zusätzliche Abstützung halten. Dieser Lössstollen war rund 50 Meter lang und führte als einzige Wegstrecke von 1920 an zum oberhalb liegenden Gewann „Hasen“. Er mündete in einer Steilwand und wurde 1950 im Vorfeld der Rebflurbereinigung geschlossen. Heute ist er noch rund 35 Meter lang – Betreten selbstverständlich verboten.
Zwei Winzer haben ihn gegraben um sich und den Pferden den Weg zu verkürzen. Da war der Tunnel natürlich noch ein wenig breiter. Im Stollen kann man an der Decke und den Wänden die feinen Wurzeln der Reben finden, die sich auf der Suche nach Wasser und Nährstoffen 30, 40 Meter tief in den Boden graben.
Es gibt noch mehr dieser Stollen im Löss, sie waren perfekte Lagerräume für Kartoffeln und Co.
Und man findet Lösskindl in ihnen, kleinere Kalkablagerungen, mit denen die Kinder hier früher gespielt haben. Nicht gefunden habe ich Finsterbergmade und Stollentroll… aber die Erleichterung darüber verstehen nur echte Moers-Fans ;-).
Für uns gibt es hier nun Brätschli Suppe (die ich schon bei meinem letzten Besuch in Endingen geniessen durfte) mit 2017 Grauer Burgunder Kabinett trocken. Passt perfekt!
Am Panoramablick
Ein Spätburgunder Rosé Kabinett trocken von 2017 – das scheint für Arndt Köbelin genau der richtige Wein für den absoluten Rundumblick von der Karl-Otto-Hütte zu sein 😉
Wir schauen vom Osthang des Kaiserstuhls über historische Streuobstwiesen und Rebterrassen nach Eichstetten in Richtung Nimburg und Schwarzwald.
„Eine Panoramatafel wartet am Standort Reimendsbühl auf die Pfadbesucher. Ein Winterfoto zeigt die Rheinebene und die Schwarzwaldhöhen und wurde deshalb gewählt, weil die Konturen und Strukturen des Anbaugebiets rund um Eichstetten durch den Schnee kontrastreicher zu erkennen sind.“ Quelle: LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden- Württemberg, Download unter http://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/11176/
Am Vulkan
Statt eines Tänzchens erwartet uns hier erneut ein wunderbare Blick auf eine grandiose Landschaft über das Innere des Kaiserstuhls in Richtung Vogesen. Die Naturschutzgebiete Badberg, Haselschacher Buck und Degenmatten zeigen was Trocken- und Halbtrockenrasen bieten: Orchideen wie das Knabenkraut, Smaragdeidechsen und Gottesanbeterinnen.
Bei Öhmdsmatten kommen wir zur Hauptspeise: zartes Rindfleisch mit einer sensationellen Soße. Dazu wahlweise 2015 Spätburgunder RESERVE >>Eichenlaub<< (ihr erinnert euch bestimmt) und/oder 2016 Grauer Burgunder Lösswand ***Selektion (auch da waren wir heute schon).
Der Lindenbrunnenhof*, von dem Thomas Merkle sein Gemüse bezieht, ist sowas wie ein kleines Gemüseparadies auf Erden. In Forchheim frönen Christa & Otmar Binder ihrer (nachvollziehbaren) Leidenschaft für alte Gemüsesorten. Allein bei den Kartoffeln tummeln sich jährlich 30 verschiedene Sorten auf ihren Feldern – alle in Bioqualität. Und fein säuberlich unterschieden in frühe Sorten, Sommersorten und Herbst- & Lagerkartoffeln. Nicht nur schnöde als fest, halbfest oder mehlig kochend 😉
Am Weingut
2005 übernahmen Arndt und Monika Köbelin den elterlichen Weinbaubetrieb und bauten am Fuße der Eichstetter Weinberge das eigene Weingut. Grau-, Weiß- und Spätburgunder sind die Hauptrebsorten der Köbelins.
„Der Winzer muss sich vor seinen Reben mehrere Male im Jahr verneigen, wenn er eine gute Lese haben will.“ Viel ist nach wie vor Handarbeit. Wie das Ausdünnen der Reben, damit sie mehr Sonne bekommen und optimal wachsen können. „Aber zuviel Sonne wollen sie auch nicht, jede Rebe braucht noch ein Blatt als Sonnenschutz.“
Das beste kommt ja bekanntlich zum Schluß. In unserem Fall natürlich das Dessert: Sauerrahm-Eis, Erdbeerragout mit Honig und frischen Kräutern, so wie Rhabarberkuchen. Dazu ein Spätburgunder Rosé Auslese edelsüß. Perfekt.
Weitere Geschichten vom Kaiserstuhl und aus dem Schwarzwald:
- Naturparadies Kaiserstuhl – von Reben, Kräutern und Bienenfressern
- Traditionelle Gerichte aus dem Schwarzwald 2.0
- Am Anfang war das Feuer
- Wandlungsfähiger Flammkuchen
Mit freundlicher Unterstützung von Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg*, die mich zu einer Pressereise in den Schwarzwald eingeladen haben.
Mein besonderer Dank geht an Sannah Mattes und Dr. Martin Knauer von Tourismus Baden-Württemberg und Gaby Baur von Schwarzwald Tourismus*.
Auf die Kochscheese* von Thomas Merkle bin ich bereits das zweite Mal getroffen und bei Arndt Köbelin* durfte ich wirklich hervorragende Weine probieren. Ich bedanke mich herzlich für die Gastfreundschaft.
*Werbung
Dieser Artikel enthält Links zu Produzenten und persönliche Empfehlungen von mir. Ich bin dafür zwar weder bezahlt noch beauftragt worden, doch da ich Produkte nenne, muss ich dies als Werbung kennzeichnen.
Und meine liebe Kollegin Barbara Blunschi hat sich auch gerade am Kaiserstuhl kulinarisch verwöhnen lassen 😉 Aber sie musste die ganze Strecke wandern, bei uns ging es nach dem ersten Glas Wein zum Glück im Wagen weiter.
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Sehr gefällig geschrieben. Macht Spaß dich zu lesen und Lust auf diese kulinarische Entdeckungsreise zu gehen!
Liebe Ursula,
lieben Dank für Kommentar und Begleitung 😉
Herzliche Grüße
Anne