Wie kann man ein kleines Stückchen Frankreich in der Ferne erfahren: mit einem Glas Wein, einem Stück Käse oder auch durch eines dieser verführerischen kleinen Backwerke, die in Frankreich gefühlt überall zu finden sind. Aber hier bei uns ein unerfüllter kulinarischer Traum bleiben. Bis jetzt. Denn nun kommt Hilfe von Aurélie Bastian. Mit ihrem Buch „Französisch Backen“ holt sie den Zauber der französischen Boulangerie und Patisserie nach Deutschland und in die eigene Küche.
Brioche, Maccarons, Croissants, Baguette, aber auch die französischen Landbrote hat Aurélie Bastian 2006 in Frankreich für die Liebe zurück gelassen. Allerdings nur für eine überschaubare Zeit, denn die Sehnsucht wuchs und damit entstand die Idee, all diese Dinge selbst herzustellen.
Inzwischen ist die Französin in Halle keine Unbekannte mehr: neben ihrem Blog „Französisch Kochen“ betreibt sie einen Shop mit französischen Produkten, schreibt Bücher und kocht in verschiedenen TV-Sendungen. Natürlich immer auf ihre ganz eigene Art.
Für Aurélie Bastian steht immer der Genuss im Vordergrund. Daher ist sie bestrebt, den Aufwand so gering wie möglich zu halten. Dies ist wahrscheinlich eine etwas unorthodoxe Herangehensweise an die feine französische Patisserie – aber sie hat auf jeden Fall ihre Berechtigung und ich ziehe den Hut vor dem wirklich gelungenen Ergebnis 🙂
Aufbau des Buches
Optisch hervorragend. Klar strukturiert, schön in Szene gesetzt und fotografiert. Da bekommt man wirklich sofort Lust den Backofen anzuwerfen 😉
Es steigert sich von Tipps und Tricks, in denen wirklich viele nützliche Hintergrundinfos zu Zutaten, Teigarten, Aufbewahrung und Herstellung zu finden sind, über Frühstück/Petit déjeuner, Gebäck/Pâtisserie, Kaffeezeit/Goûter (der Engländer würde dies Teatime nennen), zu Besondere Anlässe/Grandes occasions.
Aurélie Bastian wandelt Mürbeteig, Blätterteig (wobei sie eigentlich meistens mit Plunderteig arbeitet), Brandteig, Briocheteig und Brotteig zu verschiedenen Rezepten, in dem sie diese für unterschiedliche Dinge einsetzt und teils auch mit Konditorcreme, Ganache oder Baiser ergänzt. Ihre Freude an Neuem und Anderem und der Drang Dinge auszuprobieren ist überall spürbar und ansteckend.
Die einzelne Rezepte sind klar gegliedert, die Zutatenliste am seitlichen Rand überschaubar und gut. Zeitangaben gibt es allerdings nur innerhalb der Rezeptbeschreibung und diese sind nicht immer eindeutig.
Häufig schließt ein persönlicher Tipp oder eine Variante das Rezept ab.
Leider sind jedoch manch hilfreiche Tipps nur vorne bei den Tipps und nicht im passenden Rezept zu finden. Auch die Verknüpfung zwischen den Grundteigarten und ihrer Herstellung zu Abwandlungen birgt immer mal wieder Fehler.
Schade ist auch, dass Aurélie Bastian beim Apfelstrudel auf fertigen Strudelteig verweist – das sollte in einem Backbuch nun eigentlich nicht vorkommen…
Ausprobiert
Ma Brioche
Eine echte Sensation. Noch nie habe ich eine Brioche in so guter Qualität gebacken. Und flott geht es. Da habe ich doch gleich meine alten Briocherezepte eingemottet und backe ihn jetzt bei jeder Gelegenheit 😉
Baguette
Ganz wichtig: schaut euch das Video dazu an. Nur anhand der Beschreibung im Buch wird es nichts, denn Aurélie Bastian hat irgendwie versäumt ihre Achtsamkeit zu erwähnen 😉 Sie streichelt und tätschelt, wo ein ungeduldiger Mensch schon mal etwas rabiater mit dem Teig wird… daher war der erste Versuch bei mir auch völlig misslungen. Erst im dritten Anlauf erhielt ich gutes Baguette – wobei ich auch hier noch weitere Versuche starten werde. Perfekt ist es in meinen Augen nicht.
Tropézienne
Wie auch die Brioche – geschmacklich hervorragend doch in der Form nur fast perfekt. Mir fiel erst nach dem Backen auf, dass Aurélie Bastian ganz sicher einen Ring um ihre Torte gemacht hat. Auf dem Foto ist der Boden akkurat rund – bei mir ist es ein etwas überdimensioniertes Osterei geworden – was dem Geschmack natürlich keinen Abbruch tut. Aber schade ist es schon, ein kleiner Hinweis im Rezept hätte ja genügt 😉
Außerdem verwirrt die Zeitangabe. Als erstes soll man den Teig zu einer Kugel formen und 40 Minuten ruhen lassen, dann die Kugel (die bei mir schon keine echte mehr war) auf ein Backblech setzten und abgedeckt 20 Minuten ruhen lassen… die „normale“ Brioche lässt Aurélie Bastian übrigens im Buch 20 Minuten ruhen… und im Blog die Tropézienne 30 Minuten… mein Tipp: achtet auf den Teig und arbeitet mit Bauchgefühl. Das ist bei Hefeteig eigentlich nie verkehrt.
Levain – Sauerteig
Bei mir heißt er nun Franz. Und ja: ich habe nach 25 Jahren endlich mal wieder einen Sauerteig-Ansatz. Danke dieses Buches.
Allerdings finde ich das dazugehörige Bauernbrot Pain de Campagne etwas fad. Doch wie Aurélie Bastian betont, ist Brot ja nicht der Beginn ihrer Backleidenschaft gewesen. Und vielleicht bin ich da als Norddeutsche Schwarzbrot-Liebhaberin auch auf einem anderen geschmacklichen Level.
Als nächstes werde ich das Baguette mit dem Sauerteig versetzen… es bleibt spannend.
Was leider fehlt ist eine genaue Beschreibung, wie der Teig im Laufes seines (hoffentlich) langen Lebens ergänzt und gepflegt wird. Auch hier hilft der Blog – aber vor allem eine allgemeine Suche im Netz…
Aurélie Bastians Leidenschaft
Sie strebt nach nicht weniger, als dem perfekten französischen Gebäck außerhalb Frankreichs und hat im Zuge dieser Leidenschaft die Rezepte ihrer Mutter von einigen überflüssigen Pfunden und Handlungen befreit.
Sie hat sechs Teigarten und mehrere Cremes so weit vereinfacht, dass nahezu alle französischen Leckereien daraus entstehen können. Dies entspricht nun nicht so ganz der hohen Patisserie wie bei Gaston Lenôtre, ist aber für ein Stückchen tägliches Glück genau das richtige!
Ich kann euch dieses Buch wirklich empfehlen: es nimmt die Angst vor der hohen Kunst des Backens (die hier auch wirklich deutlich geerdet wird) und lockt zu immer neuen Versuchen.
Manchmal sind die Rezepte allerdings leider nicht eindeutig formuliert. Es fehlen Mengen und Zeitangaben oder diese widersprechen sich (was mich einige Male schier zum Verzweifeln brachte). Ich habe ein wenig den Verdacht, das Aurélie doch eher Bloggerin als Autorin ist – obwohl es ihr viertes Buch ist (aber ich kenne die anderen auch noch nicht). Was ich übrigens überhaupt nicht schlimm finde, denn auf ihrem Blog Französisch Kochen (WERBUNG!) findet ihr auf jeden Fall Hilfe. Speziell die Videos haben mit geholfen so manches Rezept beim dritten, vierten Anlauf in den Griff zu bekommen.
Und ganz klar: ich werde weitermachen!
Dazu habe ich mir gerade in ihrem Shop die Macaron-Masse (ein Angstgegner, an dem ich seit Jahren verzweifle) und eine Backform für Cannelés bestellt. Die Lieferung kam nicht nur prompt, sondern sie zeigt wie wichtig Aurélie Bastian die persönliche Note ist: die Sachen waren wie ein Geschenk verpackt und es gab einen kleinen persönlichen Dank von ihr.
Südwest Verlag, 2017
Französisch BACKEN
von Aurélie Bastian
Cover: Fotografie Klaus Einwanger, Foodstyling Monika Schuster, Styling Deborah De Luca
ISBN 978-3-517-09533-2
Ich danke dem Verlag für die Zusendung eines kostenlosen Rezensionsexemplars, die Bereitstellung einiger Fotos und Rezepte.
Wer wissen will, wie ich rezensiere – hier habe ich es erklärt.
Original-Rezepte von Aurélie Bastian
Macarons d’Aurélie – HIER
Es sind definitiv meine Angstgegner – diese kleinen, bunten Leckereien. Dabei habe ich schon einige Backbücher mit Macarons und auch unter Ottolenghis strenger Anleitung Versuche gestartet. Ohne Erfolg. Und so habe ich mir diesmal mit einer Macaron-Masse aus Aurélies Shop beholfen… das Ergebnis – wirklich gelungen!
Pain de campagne – Bauernbrot – HIER
Mein erstes Sauerteigbrot seit sehr langer Zeit. Durch unser Schummel-Papabrot bin ich etwas vom Weg abgekommen.
Ich finde es geschmacklich ein wenig „wenig“ – es beruht allein auf dem Sauerteig, zweierlei Mehl und Salz. Allerdings soll der Sauerteig ja im Laufe seines Lebens intensiver werden. Es bleibt also spannend (und jedem umbenommen ein paar Gewürze dazu zu geben).
Ansonsten ist es nämlich ein wirklich gut funktionierendes Rezept!
WERBUNG
Nach dem Telemediengesetz § 2 Nr. 5 TMG sind alle Links auf Verlage und Autoren inzwischen als Werbung zu kennzeichnen. Ich erhalte kein Geld für meine Rezensionen, ich beurteile die Bücher nach meinen eigenen Kriterien, auf die niemand Einfluß nimmt und verzichte inzwischen weitestgehend auf Verlinkungen.
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3 Antworten auf „Französisch BACKEN – Aurélie Bastian“