Joseph´s Fine Dinning – ein Stern erleuchtet den Südharz

Natürlich ist das Essen wunderbar, das Ambiente stilvoll, die Weine erlesen und der Service perfekt. Doch was diesen Restaurantabend von anderen unterscheidet, ist das Gefühl: man fühlt sich tatsächlich wie Zuhause.

Nur mit Sterneküche 🙂

100 Zutaten für 8 Gänge

Drei Männer sorgen für den abendlichen Genuss: Ralph Hollokoi, Chef de Cuisine, Jonas Paul, Sous Chef und Moritz Wohlfahrt, Azubi im Romantischen Winkel in Bad Sachsa. Heute Abend unterstützt durch Sommelier Sebastian Hohbein.

Sie kochen direkt im Restaurant, vor unseren Augen. Zaubern aus zahllosen Tiegeln, Tuben, Töpfen und Pfannen für maximal 16 Gäste ein 8-Gänge-Menü. Gespeist wird an vier Abenden der Woche, gemeinsamer Start ist immer um 18:30 mit dem Aperitif und mit Blick auf den Schmelzteich am Kurpark von Bad Sachsa. Die Ruhe des Wassers wird durch das schlichte Ambiente des Raums fortgeführt und lädt damit zum Loslassen und Ankommen ein. Die Steifheit und Förmlichkeit, die den Besuch in einem Sternerestaurant doch häufig begleitet (und manchmal auch verleiden kann) fehlt gänzlich.

Jeder Griff des Kochteams sitzt, alle Zutaten sind griff- und einsatzbereit. Über die tatsächliche Tellergestaltung wird teils kurz beraten, was mir durchaus angenehm auffiel. Es zeugt für mich von Offenheit und gegenseitiger Wertschätzung. Der Ton im Team ist freundlich und entspannt. Alle Varianten gemeinsamen Lachens verbinden Gäste und Köche über den Abend und verstärken dieses heimelige Gefühl. Fine Dining ohne Steifheit und Zwang.

Es geht im Joseph´s um Geschichten, die die einzelnen Aromen und Gerichte aus dem Harz erzählen können und hier auch sollen. Eine gewollte Herausforderung ist, möglichst regional und saisonal zu arbeiten: was man nicht bekommt, wird selbst aus dem Vorhandenen und mit viel Kreativität kreiert, um Geschmack und Textur regional nachzubilden.

Die Aussage des Sommeliers Sebastian Hohbein habe ich noch nie so gehört: „.. besser man nimmt ein Glas, in dem schon ein wirklich guter Wein der gleichen Farbe war, als ein frisches Glas, das nach Spülmittel, Schrank oder Staub schmecken könnte.“ Dem Genuss hat es wirklich keinerlei Abbruch getan, das Weißweinglas mit einem weiteren tollen Weißwein zu füllen 😉

Joseph´s Snack Symphonie 1.0

Statt eines Amuse Gueule, gibt es zu Beginn eine kleine Symphonie: einen Dreiklang aus dem Wald. Startpunkt ist der mittlere Happen – ein kleines Tomatenbaiser (das ausschaut wie ein Champignonkopf) mit Schnittlauchcreme und Kaviar. Fluffig, kross und leicht salzig.

Weiter geht es links davon mit der fleischfreien Variante des Wagyu-Beef-Tatars, einem Rote-Bete-Tatar. Und rechts grünem Spargel statt Spanferkel – beides auf Zwiebelragout. Alle Speisen eint der un-überschmeckbare Einfluss Japans mit Nori, Togarashi und ganz viel Umami.

Wasabreeze

Lachsforelle, Staudensellerie, Wasabi

Die Lachsforelle aus Nordhausen wird kurz angeräuchert, gekühlt, zwei Filets werden verbunden – „Aneinander geklebt“ 😉 und stilvoll mit einer Flamme geröstet. So entstehen Raucharomen und das Innere der Fischrolle bleibt glasig frisch.

Unter der Lachsforellenrolle ein Spiegel aus Öl mit Kapuzinerblättern und Pinien mit dem Staudensellerie. On top ein perfektes Nockerl Wasabi-Eis mit feiner Apfelnote. Dazu passend: eine pfeffrige Kapuzinerkresse-Blüte.

Optisch für mich der schönste Gang – es könnte an der Harmonie der Farben liegen. Geschmacklich ausgewogen und fein. Das kalte Wasabi-Eis umschmeichelt den rauchigen Fisch wunderbar.

Meisterstück

Mais, Safran, Sesam, Umeboshi

Die Kunst, eine Zutat auf unterschiedliche Arten zuzubereiten, um die Vielfalt in Textur und Geschmack herauszuarbeiten, zeigt das Joseph´s mit Mais: so wird hier einmal püriert, flambiert, gepikelt und als Tempura frittiert.

Gekrönt wird das Püree von einem erstaunlichen Chili-Popkorn. Der Umeboshi-Schaum verbindet alle Komponenten.

Noriko meine Tischgenossin ist überrascht und neugierig. Auf Umeboshi ist sie in einem Sternerestaurant noch nicht gestoßen. Und auch wenn er geschmacklich abgemildert sei (normalerweise ist er sehr sauer), so hat sie sichtliche Freude am Fachsimpeln mit dem Chefkoch. Staunend höre ich beiden zu, wie und mit welchen Pflaumen hier im Harz in Salz fermentiert die japanischen Ume-Früchte nachgebildet werden. Es geht um Reife der Frucht, Salzmenge, Zeiten, Temperatur. Und ist anscheinend gelungen – schließlich bestätigt dies die Fachfrau an meiner Seite.

Ralph Hollokoi und Jonas Paul brutzeln und braten, flambieren und arrangieren in der kleinen Frontcooking-Station. Und erzählen, erläutern, verdeutlichen parallel dazu, was, wie und vor allem warum sie es so machen, wie es nun von ihnen serviert wird.

Das ist gerade bei diesem Signatur Dish extrem spannend und ich bin sehr angetan, wie offen und geduldig die beiden mit uns interagieren. Erst als Noriko mich darauf aufmerksam macht, dass dies ein Konzept der gehobenen japanischen Restaurants sei – mit Offenheit und Transparent zu kochen, fällt mir ein Besuch im Daitokai in München in den 1990er Jahren ein.

Doch das war damals mehr „Show am Tisch“. Das Essen war toll, aber ein Gespräch oder gar kein Austausch auf Augenhöhe, wie wir ihn gerade im Joseph´s erleben, war nicht möglich und sicherlich auch nicht erwünscht.

Cremiger Genuss

Brie, Pfifferlinge

Erstaunlich, wie man eine einfache Papadelle-Schnecke mit ein wenig Liebe in einen cremigen Genuss verwandeln kann. Die Nudelschnecke ist mit einem regionalen Brie gefüllt. Nicht zu viel davon scheint eins der Geheimnisse zu sein.

Die Pfifferlinge werden angebraten, bis die Flüssigkeit verdampft ist. Dann wird flambiert. (Zuvor hat Jonas uns vorgewarnt, denn ihm war inzwischen sicher klar, dass wir alle ein möglichst spektakuläres Foto des Flambierends wollten.)

Wildes Herz

Lauch, Wildschwein, Miso

Der Harz trifft auf die Welt: Der Lauch wird über Holzkohle schwarz verkohlt, das Innere wird dabei saftig und süß. Dazu kommen Streifen von Harzer Wildschweinschinken (diese werden bei der fleischfreien Version weg gelassen) und eine Hollandaise von Lupinen und Miso.

Ein Gang, der zunächst unspektakulär wirkt, aber ungemein glücklich und zufrieden macht. Das cremige, salzige, süße Gefühl im Mund war wunderbar.

Waldgeschichte

Reh, Pflaume, Petersilienwurzel

Der Rehrücken erwartungsgemäß Sous Vide gegart, an Petersilienwurzelpüree und Pflaumen-Chutney mit Ingwer und Chili serviert. Die Soße wurde in 30 Stunden reduziert. Tropfen für Tropfen sind wunderbare Aromen konzentriert und dem Verlangen nach Zugabe wird dezent entsprochen – immerhin handelt es sich um pures Glück in Soßenform. Da muss die Dosis stimmen.

Fleischfrei gab es Garnelen und die Kollegin verriet, dass die Kombination von Garnele mit Pflaume sie sehr angenehm überraschte.

Schmelzteich

Der Schmelzteich vorm Fenster wird beim Dessert auf dem Teller nachgebildet. Den Rand bilden Harzer Kirschen, Schokolade und weitere süße, knusprige cremige und knackige Komponenten, der mit einer fruchtigen Kirschsoße aufgefüllt wird.

Joseph´s Symphonie 2.0

Zum Abschluss eine Musikfortsetzung aus Sandorn-Fruchtgummi, geröstetem Pistazien-Karamel mit Salznote.

Getränkebegleitung alkoholisch / und ohne Akohol

  • Champagner Rose, Taittinger, Frankreich /  Riesling-Sekt Alkoholfrei, Staatsweinkellerei Eberbach, Deutschland
  • Terlaner Cuvee, Terlan, 2024, Italien / Verdejo, Kolonne 0, Deutschland
  • Blanc de Noirs, Weingut Meyer-Näkel, Ahr / Muskat, 0,0, Natuero, 2023
  • La Vie en Rose. Chateau Roubine, 2024, Frankreich / Sparkling Juicy Tea, Van Nahmen Deutschland
  • Il Pino, Tenuta, 2022 Italien / Rouge 3, Kolonne 0, Deutschland
  • Tokaji Aszu, Oremus, 200 Ungarn / Prisecco Aecht Bitter, Jörg Geiger, Deutschland

 

Der Traum vom Stern

Wessen Traum hier gelebt wird, ist zweitrangig. Joseph Oelkers träumt ihn sicherlich am längsten. Schließlich ist er Seniorchef und stand selbst als Küchenchef lange im eigenen Hotel Romantischer Winkel RoLigio & Wellness Resort am Herd. Gelernt hat er im Kurparkhotel Bad Sachsa und dann ab 1977 im damals neu gebauten Romantischen Winkel. Inspiration holte er sich dann in seinen Wanderjahren bei Sterneköchen wir Gutbert Fallert, Friedberg Lang und dem Jahrhundertkoch Eckard Witzigmann.

Jonas Paul und Ralph Hollokoi

Der Schweizer Ralph Hollokoi, Chef de Cuisineseit seit 2019, zeichnet seit 2023 auch für das kleine Gourmetrestaurant verantwortlich. Ihn hat es nach seiner Ausbildung nach England und Frankreich verschlagen, wo er ebenfalls überwiegend in Sterne-Restaurants kochte. Nun genießt er den unmittelbaren Kontakt zu den Gästen, den Austausch zu Gerichten und Zutaten, der im Joseph´s Teil des Konzepts ist. Oder vielleicht sogar die Grundidee.

Jonas Paul, der während seine Ausbildung im Romantischen Winkel bei Kreismeisterschaften in Göttingen bewies, dass er das Kochen in allen Finessen beherrscht, ist als Junior Sous Chef geblieben und inzwischen zum Sous Chef aufgestiegen. Moritz Wohlfahrt, der Dritte im Bund, sieht sein Ziel (so scheint es mir) ebenfalls in der gehobenen Gastronomie.

Das sagt der MICHELIN 2025 Stern-Begründung

Mit freundlicher Unterstützung von TourismusMarketing Niedersachsen GmbH*die mich zu einer kulinarischen Pressereise in den Harz eingeladen hat.

Mein besonderer Dank geht an Renate Rebmann, die ein wunderbares Gespür für kulinarische und besondere Erlebnisse hat und dies bereitwillig teilt. 

Ich danke Familie Oelker (die leider während unseres Besuchs abwesend waren) für einen Einblick in ein angenehm menschliches Betriebsklima im Romantischen Winkel*, so wie Ralph, Jonas, Moritz und Sebastian für einen durch und durch entspannten und genussvollen Abend im Joseph´s Fine Dining*.

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Dieser Artikel enthält Links zu Produzenten und persönliche Empfehlungen von mir. Ich werde dafür nicht bezahlt und niemand nimmt Einfluss auf meine Texte und Tipps. Doch zur höchstmöglichen Transparenz lege ich diese Verbindung hiermit offen.

Anne

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